Im Buch „Töchter des Todes“ setzt sich Ulrike Blatter mit Themen wie Migration und Radikalisierung, Alltagsdiskriminierung, Überfremdung und Netzhysterie, mit Vorurteilen und Vorverurteilung in unserer Gesellschaft auseinander und entwickelt dabei ein vielschichtiges gesellschaftliches Szenario, ohne einfache Schuldzuweisungen und Stereotypen. Das Publikum wird bereits mit dem ersten Satz „Nichts war so, wie es schien“ gefesselt.
„Ich schreibe meine Bücher als Einladung zum Dialog“, zitierte zu Beginn der Veranstaltung die stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt Breisgau (AG M&VBr.) Ana Agatiev die Autorin. Diese Einladung hatte die AG M&VBr., die in den drei SPD-Kreisverbänden Freiburg, Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen aktiv ist, angenommen.
Ulrike Blatters Buch „Töchter des Todes“ wird von Kritiker*innen und Migrant*innenverbänden hoch gelobt. Es schildert in verwobenen Erzählsträngen das Schicksal einer jungen Frau, die freiwillig zum IS in den Krieg zog, die vermutliche Radikalisierung einer eigentlich gut integriert scheinenden jungen Migrantin zur Terroristin und die Folgen für ihre Schwester, die Geschichte von deren Eltern im Bosnienkrieg und ihre Flucht nach Deutschland, den alltäglichen Rassismus, dem ein junger schwarzer Mann ausgesetzt ist und die Reaktionen auf all dies in der Öffentlichkeit, im privaten Bereich und in den sozialen Netzwerken.
Blatter ist Ärztin, promovierte in Rechtsmedizin und machte eine psychotherapeutische Weiterbildung. Sie begleitet seit 1999 psychosoziale Projekte auf dem Balkan. Von 1997 bis 2019 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung am Institut für Körperzentrierte Psychotherapie in Zürich. Ihre Erfahrungen aus ihrer Arbeit mit Migrant*innenfamilien und mit radikalisierten jungen Menschen sowie die massiven Angriffe von Rassist*innen und Migrationsgegner*innen, denen die Autorin ständig ausgesetzt ist, ermöglichten ihr tiefe Einblicke in die Gefühlswelt junger Migrant*innen. Der Leser ist emotional betroffen, beginnt Gewohnheiten zu hinterfragen und Zusammenhänge zu verstehen.
„Ein komplexer, aber immer schlüssiger und leicht zu lesender Roman“, so Bernd Engesser, der Vorsitzende der AG M&VBr.. Dennoch soll es schwierig gewesen sein, für dieses Buch einen Verlag zu finden. „Das Thema war vielen zu konfliktbehaftet, besonders nach dem Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo in Paris im Januar 2015“, so die Autorin. „Es ist in der Tat ein hochbrisantes Buch“, bestätigt Agatiev, „aber auch ein Buch das zu mehr Menschlichkeit aufruft und dazu, sich den Freiheits- und Friedensstörenden in den Weg zu stellen.“
Die Lesung und anschließende Diskussion war der Höhepunkt der Mitgliederversammlung der AG M&VBr., die in diesem Jahr in Denzlingen stattfand.
Situationsbedingt war das Thema Flucht und Asyl in den letzten Jahren ein Schwerpunkt der AG-Arbeit und wird dies voraussichtlich auch zukünftig sein, wobei das Hauptaugenmerk auf konkrete Integrationsmaßnahmen vor Ort gelegt wird. „Rund ein Drittel der Menschen in der Region haben einen Migrationshintergrund. Sie erleben unnötige Schwierigkeiten und verdeckten und zunehmend auch offenen Rassismus, auch wenn sie in zweiter oder dritter Generation hier leben. Ziel ist es, Geflüchtete schnell sozial und wirtschaftlich in unsere freiheitliche Gesellschaft zu integrieren, ohne dass sie sich selbst und ihre Kultur verleugnen müssen“, so Engesser.